20. Januar 2011

Eigentlich wollte ich ja einen superinteressanten Klimagipfelbericht schreiben, der alle aufrüttelt, doch mal endlich was für unsere Umwelt zu tun.
Aber irgendwie hat das nicht so richtig geklappt… 
Deshalb habe ich mich entschlossen, eben keinen supertollen Bericht zu schreiben, sondern einfachmal zu erzählen, was ich so erlebt habe.


Eigentlich wollte ich ja beim Klimagipfel in Cancún Obama die Hand schütteln. Aber irgendwie hat das nicht so richtig geklappt- weil Obama gar nicht da war…und weil ich nicht an der COP teilnehmen konnte (den UN-Ausweis muss  man schon Monate vorher beantragen) Vom offiziellen Teil der COP habe ich also ziehmlich wenig mitbekommen. 
Aber ich habe dank verschiedener Treffen und Veranstaltungen von Umweltaktivisten in Mexiko-City die Organisatoren von Klimaforum10 kennengelernt und schließlich als Freiwillige vom  24.11.2010 bis 11.12.2010 bei der Realisierung des Forums geholfen. 
Die Idee für diesen „alternativen Klimagipfel“ stammt aus Dänemark, wurde dort letztes Jahr umgesetzt und sollte nun hier wiederholt werden. Bei mehreren der vielen-wirklich vielen- Versammlungen, wurde uns die Geschichte ziemlich ausführlich erklärt: Klimaforum wurde von den Dänen an die Mexikaner übergeben, die allerdings eigentlich kein Geld dafür hatten, aber trotzdem angefangen haben Verhandlungen mit den unterschiedlichsten Organisationen und Instituten zu führen und das Forum zu organisieren. Irgendwie haben sie es auch geschafft, ein Programm auf die Beine zu stellen, 80 Freiwillige und deren Versorgung zu organisieren, einen Poloplatz zu finden, die Infrastruktur aufzubauen und einen Shuttle zum nächsten Dorf aufrechtzuerhalten.
So also die Situation, als wir nach langer Reise aus Mexiko-City ankamen. Das Problem war lediglich, dass irgendwie keiner wusste, dass wir als Freiwillige kommen. Es gab heftige Diskussionen, aufgeregte Telefonanrufe, Kopfschütteln auf beiden Seiten und dann die Entscheidung, dass wir bleiben dürfen. 
Ich hatte mir vorgenommen, die COY6, den 6. Jugendklimagipfel zu besuchen. Am Samstag bin ich nach dem Frühstück aufgebrochen-und zum Mittag angekommen… Das heißt, ich habe 3-4 Stunden gebraucht, um dahin zu kommen! Logischer Schluss: nicht nochmal! Also nur ein Tag COY und dann wieder Hippiechaos im Dschungel... Bei der COY treffen sich Jugend-Delegationen aus aller Welt, um über den Klimagipfel und verwandte Themen zu sprechen, Aktionen zu planen und sich auszutauschen. Manchmal staune ich echt darüber, dass es möglich ist, mit jemandem vom anderen Ende der Welt zu reden. Ich meine, ist es nicht irgendwie krass, dass ich ihn verstehe? Dass ich neben ihm sitze und über die Zukunft des Planeten Erde diskutiere? „It’s really something special to see young people from every corner of the world coming together to share ideas and meet other people doing good work just like them.“ [aus der Abschluss-mail] Das Ambiente der COY war wahrscheinlich sehr COP-ähnlich: Workshops& Arbeitsgruppen Bsp. Aus dem Programm: storries of successfull youth climate action, Anti-opression workshop, UNFCCC crash-course, how to communicate climate change to others, about article 6, movement building, Media & Action working group. Hier ein Link zum Thema.
Zurück im Dschungel: Dank glücklicher Umstände habe ich letztendlich der Presse-Arbeitsgruppe angehört. Das heißt, ich hatte die Möglichkeit, die Konferenzen zu verfolgen, Fotos zu machen und überhaupt einen recht guten Überblick zu haben.
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen,  ALLES über den Klimawandel und die Klimapolitik, die Verhandlungen und die UNO herauszufinden, aber schnell hat sich herausgestellt, dass das nicht so einfach ist. Nicht nur, weil das Gefühl für „ernsthaftes Arbeiten“ im konventionellen Sinne zwischen Yoga und Tanzkreis ziemlich schnell verlorenging, auch weil das Thema einfachmal viel zu kompliziert ist! Ich hatte den Überblick schon nach dem ersten Absatz der Nachrichten verloren… Die Politiker sprechen offenbar eine eigene Sprache voller kryptischer Abkürzungen und geheimnisvoller Formeln: REDD, REDD+, MDL, clean development, COP, KP etc. Deshalb habe ich einfach mal bei unseren Konferenzen in Klimaforum gut zugehört. Grasrootorganisations sind mir eh lieber…

Im Programm der ersten Tage waren enthalten:

  • Circular Dance-Brahma Kumaris
  •  Fighting Climate Change through Youth Volunteerism- Fresh&Young brains development iniciative
  •  To confront Megaprojects - Ecomunidades
Hierbei ging es um „negatives Wachstum“. Sprich die Abnahme von „Entwicklung“ und Wachstum, vor Allem der Urbanisierung. Ein Beispiel ist der geplante  Bau einer weiteren Metrolinie in Mexiko-city, der zur Anbindung weiterer Vorstädte und zur Verwandlung von  Maisfeldern in Einkaufszentren führen würde.
  •  Janzu – demonstration of one of the completest and most beautiful terapies of the contemporean epoc  - Eustrey
Es ist eine Art Wassertherapie-alle außer mir fanden es unglaublich toll und entspannend… Keine Ahnung, was ich falsch gemacht habe…
  •  Meshwork – Es ging irgendwie um Gruppenintilligenz…
  •  Natural Farming and Yogic Agriculture - Brahma Kumaris
  •  Real vs. False Solutions to Climate Change from the Perspective of Those Most Impacted – Indigenous Environmental Network, Society For Threatened Peoples International -Kandi Mossett speaking about Oil/Tar Sands, Dirty Fuels and Genocide in North Dekota, die Ölforderung in den Ölsanden hat starke Auswirkungen auf die dortige Bevölkerung: das Wasser ist stark verschmutzt, die Luft ebenso. Ein sehr hoher Prozentsatz stirbt jung an Krebs. Jihan Gearon sprach über die Probleme in ihrem Indinanerreservat (Navajo-land) in Arizona. Dort ist die sogenannte dritte Welt der USA, viele Menschen sind sehr arm, die Arbeitslosigkeit hoch und es gibt jede Menge Probleme. Dazu gehören die Wasser-, Boden, und Luftverschmutzung durch Uranmienen und Ölförderung, aber auch die Grundwasserabsenkung durch den starken Wasserverbrauch in Las Vegas und am Colorado-river. Die Diné kämpfen für ihre Kultur, ihr Land und ihre Gesundheit. Sie wollen keine „Entwicklung“ und sagen: „We wanna stay here.“ Durch lokales Aktionen wie Geschichtenerzählen, gemeinschaftsgärten, generations austausch und natürlich Bildungsarbeit wird dieser Kampf geführt.  Aber auch International wird gehandelt: besonders gegen REDD und für die Respektierung indigener Rechte.
  • second day 
  •  The Inner Dimensions of Climate Change - Global Peace Initiative of Women
 Partizipative Verbesserung durch die Unterstützung kleiner Produktoren bei der Anpassung an veränderte Klimabedingungen - Fondo de Desarrollo
  • Sergio Alonzo hat uns über die Situation kleine ökologich produzierender Bauern in Mexiko aufgeklärt. In der öko-Landwirtschafts gibt es einerseits die großen Biokonzerne, andererseits die nachhaltig wirtschaftenden kleinen Bauern. Diese Kleinbauern setzen sich durch „Agroökologie“ für soziale Entwicklung und organische Produktion durch gesunde Ernährung und ökologischen Lebensstil ein. Oft können sie die 15-20 000 pesos (920-1220) für ein Bio-zertificat allerdings nicht zahlen. So wurde die Initiative „Soziale Zertifizierung“  gegründet. Hierbei bewerten die Käufer die Qualität der Produkte und die Felder.
  •  Laguna de Acuitlapilco, Tlaxcala -Dr.Hector Joseph Cid.
  •  El mejor transporte es el que no se usa - Ecomunidades - Federico Aliaga, Eugenio Cabrera, Miguel Valencia (der beste Transport ist der, der nicht genutzt wird)
  •  Der Vorschlag, die Region Ixta-Popo als Menschheitserbe deklarieren zu lassen – Gildardo Espinosa Sanchez, Fundacion Gregorio
 (wobei manche Präsentatoren nicht gekommen sind, oder später angefangen haben, oder in einem anderen Zelt geredet haben, oder, oder, oder)
Am Wochenende hatten wir zum Glück die Möglichkeit mal etwas auszuspannen. Viele der Freiwilligen sind an den Strand gefahren oder haben einfach gefaulenzt. 
Wobei das Anstrengenste nicht unbedingt die Arbeit gewesen ist, sondern eher die tausend Treffen und Versammlungen sowie die internen Konflikte in Klimaforum. Im Organisationskomitee, zwischen dem Komitee und den Freiwilligen, zwischen verschiedenen Freiwilligengruppen und einzelnen Personen.  Es ging um verschiedene Themen: Hierarchie, Arbeitsorganisation, Politik, Beteiligungsrechte, Transparenz, Entscheidungsfindung etc. Bsp.: das Organisationskomitee hat 10 000$ von der Stiftung ADVINA abgelehnt, weil sie herausgefunden haben, dass diese Stiftung eine dunkle ökologische Vergangenheit hat. Damit waren einige Freiwillige nicht einverstanden, weil wir das Geld recht dringend gebraucht hätten. Ich muss sagen, dieser sozio-politische Teil von KLIMAFORUM war nervenaufreibend, kräftezehrend und irgendwie auch sehr interessant.
Highlights der zweiten Woche waren Evo Morales und die Demo, weitere Konferenzen und Aktionen:
 Guantanamera (COP16 Version)
  • Workshop zur Verbesserung der Sexualität inden vier menschlichen Spären (Körper, Geist, Gefühle, Verstand) -Eustrey
  • Spiritual practices and meditation will be held in the tent during the day to honour the sacredness of Mother Earth and create positive energy to support the negotiations.
  •  Solar in Industralized Countries: Finance & Policy  Perspectives - Solar Action Network: Benjamin Peters
  • Arctic Meltdown: The Apocalyptic Logic of Canada's 'Northern Strategy' – York University: Jacqueline Medalye and Ryan Foster
Um diese „Strategie“ mal ganz kurz zusammenzufassen: Klimawandel ist gut, weil dann das Öl am Nordpol gefördert werden kann und statt Skitourismus wird Golftourismus das ganze Jahr Saison haben. Die Ölfelder  sind übringens schon abgesteckt und verkauft…
  • Kumi Naidoo-Direktor Greenpeace international
  • Coalition of environmental caravans in Mexico - Nomads United: Kareen Kohn, Alberto Ruz,…
  • Gonzalez y Howard Ehrman: Building Carbon- Negative Communities-Global Ecovillage Network: Albert Bates, Aili Pyhala, Maria Ros,…
  • Farming the cities for sustainable low carbon society -Citizen´s Committe for Green Seoul-Kang oh LEE
Bei der Präsentation habe ich eine Taschenlampe gewonnen, die ohne Batterien funktioniert!
  • African Women´s Decade And Climate Change-Centre for 21st Century Issues
  •  Veganism & climate change – AnimaNaturalis: Israel Arriola
  •  Korallenkrankheiten-Ursache für das Sterben am Riff- Rosa Elisa Rodríguez-Martínez
  • VOICE Ecocide -demystifying the climate negotiations -Polly Higgins
Sehr interessanter juristischer Vorschlag: Wenn Umweltverschmutzung als Verbrechen eingestuft würde, dann würde sich einiges ändern… Besonders, wenn dies auf internationaler Ebene geschieht, wie es etwa bei Völkermorden der Fall ist.Für mich war das der bereichernste workshop. Nicht etwa, weil es so informativ war, eher weil sich eine sehr lebhafte Diskussion entwickelt hat, bei der unter Anderem vorgeschlagen wurde, sich nicht mehr zu waschen-der Umwelt zuliebe.
  •  INES (international Network of Engineers and Scientists for Global Responsability) fördert globale Verantwortung für Frieden und Nachhaltigkeit, setzt sich für atomare Abrüstung, verantwortungsvolle und nachhaltige Nutzung von Wissenschaft und Technik und die Integration ethischer Prinzipien in die wissenschaftliche Ausbildung ein.
  • Oilpeak-Luc Binette
Wissenschaftliche Betrachtung über den Stand der Ölförderung. Tatsächlich weis keiner genaue Zahlen, wahrscheinlich ist jedoch, dass wir entweder gerade auf den oilpeak (den Punkt, an dem das meiste Öl gefördert wird) zusteuern, oder ihn gerade passiert haben. Eventuell im Zusammenhang mit der Krise von 2008. Klar ist aber auch, dass noch ca. die Hälfte des Öls unter der Erde ist-allerdings ist es die schwieriger und teurer zu fördernde Hälfte.
  • Youth support of sexual and reproductive rights 
 Der Klimawandel destablisiert die Gemeinschaft, wovon Frauen und Kinder meist am härtesten betroffen sind. Deshalb ist ein Recht auf Familienplanung äußerst wichtig.
  • Die bolivianische Bewegung unter der Führung von Evo Morales fordert die Anerkennung der Rechte der Mutter Erde.
  • Eine der Protestaktionen in Klimakorum war das kollektive Nacktbaden. Plötzlich sind etwa 30 junge Leute nackt um die Ecke gerannt gekommen, um dann im Pool en bisschen zu baden. Und so für mehr Freiheit und Toleranz zu werben.
  • Eine Gruppe jugendlicher Japaner hat in Klimaforum die Buchstaben K und P, symbolisch für Kyotoprotokoll, aus Menschen geformt. Jeder hatte Botschaft in der Hand. Der Aufruf zur Verlängerung des Kyotoprotokolls und all der damit verbundenen Forderungen urde dann als Foto an die japanische Regierung geschickt.
  • Um gegen Tierquälerei zB. Beim Polosport zu protestieren wurde gelegentlich auf dem Poloplatz Fußball gespielt. (das macht das Gras kaputt)
  • Videospot von Youthclimatemovement
Für mich war auch die schildkröte, die wir auf der straße gefunden und dann wieder ausgesetzt haben, ein Highlight.
Ca. Mitte der zweiten Woche hatte sich dann langsam so etwas wie „Alltag“ eingestellt. Das heißt, es lief nicht mehr alles so chaotisch, vieles hat von selbst funktioniert (irgendwie wusste nie jemand, wer fürs Essen zuständig ist, aber es hat sich doch immer eine Gruppe gefunden)und irgendwie war alles nicht mehr so stressig. Ich muss allerdings auch zugeben, dass Logistik und Organisation viel einfacher waren, als ein Großteil der Freiwilligen nicht da war…
Mein Fazit:
Hippiepower hat die Kraft, Stress zu kurieren.
Internationale Politik ist sehr kompliziert.
Die 1000 KF-Besucher haben ein erlebnisreiches entspanntes und spannendes klimaforum erlebt. Und viele Organisationen hatten die Chance zum Erfahrungsaustausch.
Im Dschungel an der Karibikküste kann's verdammt kalt werden...

Es gibt so viele Pobleme und so viele Lösungsstrategien, soviele Fragen, so viele Antworten, dass unmöglich nur eine richtig sein kann. Vielleicht ist es möglich, den menshgemachten Anteil am klimawandel zu reduzieren und dafür zu sorgen, dass uns als Menschheit die Folgen des Klimawandels nicht ganz so hart treffen. (anders ausgedrückt: die Antwort von Mutter Erde auf das Verhalten ihrer Kinder, der Menschen) Wenn es möglich ist, dann bestimmt auf ganz unterschiedliche Art und Weise; weniger oder kein Fleisch essen, CO2 reduzieren, für ein anderes Gesellschaftssystem kämpfen, Wälder schützen, „Klimaopfern“ helfen, einen Permakulturgarten anlegen, Plastiktütenfrei leben, Fahrradfahren etc. und, wer sich nicht waschen will, weil die Chemikalien das Meer zerstören-bitte. Ich für meinen Teil bevorzuge Naturseife. Wir können den Klimawandel nicht verhindern, aber wir können versuchen das Schlimmste zu verhindern.

Deshalb: In Vielfalt vereint denken wir global, handeln wir lokal!

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