17. Dezember 2010

Suedmexiko - teil1

Obwohl das Thema Klimagipfel fuer mich noch nicht abgeschlossen ist, habe ich meine Reise durch Suedmexiko begonnen und schon wieder jede Menge neuer Eindruecke gesammelt...


Echt beeindruckend fand ich bis jetzt die unterirdischen "cenotes". In einer mit Suesswasser gefuellten Hohle in der Naehe vom Meer konnten wir schwimmen... Schon dieses Funkeln und Glitzern, dieses blaue Leuchten aus der Tiefe ist... magisch, dann aber auch noch dadurch zu schwimmen, die Stalagtiten, Wurzeln und Farne ueber dir, unheimlich schwarze Wasserarme neben dir... Eine unglaublich aufregende Erfahrung!



Den Strand von Tulum hab ich auch sehr genossen... Mit einer Freundin habe ich am Meer gecampt. Nachts wurde es zwar empfindlich kalt, aber der wunderschoene Sonnenaufgang hat mich irgendwie jedesmal entschaedigt...
Tulum ist Teil der "Riviera Maya", hat also jede Menge Geschichte zu bieten (wovon u.a. die Ruinen rzaehlen) und liegt in der mexikanischen Karibik!! Das Wasser funkelt hier tatseachlich so tuerkisblau, dass ich mit der Farbe am liebsten meine ganze Wohnung streichen wuerde...Der Sand ist tatsaechlich so weis, fein und kuehl, dass ich ihn am liebsten als Fussboden fuer mein Zimmer verwenden wuerde...  Und die Sonne scheint so bestaendig und intensiv, dass ich sie am liebsten mit ein paar Wolken verdunkeln wuerde...



Nach einem Tag Ruhe in Bakalar und einer Reise, die so nicht geplant, aber erhofft war, bin ich nun in Chiapas-dem Ziel meiner Reise- angekommen. Es hat mich nach Palenque verschlagen. Der Ort ist sehr turistisch und bekannt fuer die riesige Ruinenstadt im Dschungel. Die Mayas hatten hier eine Stadt mit mehr als 1400 Gebaeuden, einem Palast, Tempeln etc. Ich fand es sehr interessant, mehr ueber diese Kultur zu erfahren und ich muss insgesamt sagen, ich bin fasziniert! Das Licht, die Hitze, der etwas modrige Geruch, das Gefuehl ueber jahrtausende alte Reste einer grossen Zivilisation zu gehen, das Alles sorgt irgendwie fuer eine besondere,vielleicht geheimnisvolle Atmosphaere...

;)


11. Dezember 2010

die Rede von Evo Morales

Eigentlich hatte ich mir ja fest vorgenommen, bei der COP16 Barack Obama die Hand zu schuetteln - daraus ist leider nichts geworden, weil Mr. Obama gar nicht nach Cancún gekommen ist...
 Ueberhaupt habe ich nur von einem einzigen Praesidenten gehoert, der die Karibik in diesen Tagen genossen hat: Evo Morales, Praesident Boliviens. Wie es typisch fuer ihn ist, hat er nicht nur seine Rede bei den offiziellen Klimaverhandlungen gehalten, sondern auch beim "einfachen Volk". Die Chance, den wohl bekanntesten Politiker Lateinamerikas live zu sehen, konnte ich mir natuerlich nicht entgehen lassen...

Schon als wir (fast alle von Klimaforum10) ankamen, hatte ich irgendwie das seltsame Gefuehl, dass mich die ganze Szenerie - laute politische Parolen, wehende Fahnen, eine Buehne und viele viele Leute - an irgendwas erinnert... Als die Veranstaltung dann ungefaehr mit 3 Stunden Verspaetung angefangen hat, ist mir auch langsam klar geworden, warum: waehrend der bolivianische Folklore-Chor gesungen und immerwieder laut Parolen wie: "Cochabamba sí, REDD no"oder "La tierra no está de venta, se ama y se defenda" [Die Erde steht nicht zum Verkauf, man liebt sie und man verteidigt sie]geuebt wurden, kam es mir so vor, als ob Geschichtsbuecher, Erzaehlungen und Filme ueber die DDR ploetzlich lebendig wurden. Menschen (hier der unterschiedlichsten Herkunft - geographisch und sozial), die entusiastisch Faehnchen schwenken und aus voller Kehle Lieder singen - so kann ich mir gut den Sozialismus vorstellen. Liegt vielleicht auch daran, dass Evo Morales einer von denen ist, die den Sozialismus des 21. Jahrhunderts einfuehren wollen...
Bevor der beruehmte Praesident dann tatsaechlich selbst das Wort ergriffen hat, haben erstmal noch andere wichtige (aber mir unbekannte) Personen ihre Rede gehalten. Meistens ging es um die Gefaehrdung der Bauern und Baeuerinnen durch den Klimawandel und den Kapitalismus. Vorschlaege wie zB. "Kampf der Gentechnik" oder "Permakultur kann uns retten" wurden gemacht und alle waren sich einig, dass die Regierungen und Tansnationalen nicht so weiter machen koennen, wie bisher. Die Verantwortung fuer den Klimawandel wurde (wie in vielen anderen Veranstaltungen) den Industrienationen zugeschrieben und dementsprechend eine finanzielle Entschaedigung fuer die Entwicklungslaender gefordert. Evo Morales selbst versuchte die Indigenen und Bauern zu umwerben. Er versprach ein zweites Cochabamba, wetterte gegen den Kapitalismus und die USA. [Hier der Link zum Video] Als er den Sozialismus als Loesung aller Probleme vorgeschlagen hat, hat es mich nicht auf meinem Stuhl gehalten, da musste ich kurz rausgehen. Ich weis nicht, warum ich so reagiert habe. Vielleicht, weil ich weder an den Sozialismus, noch an den Kapitalismus glaube.

Hinterher war ich eine der Wenigen, die gesagt hat, dass es ihr nicht gefallen hat... Ich glaube es liegt Einerseits an der einseitigen Sichtweise, die die Redner hatten: Muss man "das Volk" fuer dumm verkaufen? Kann man politische Abkommen auf ein einfaches "ja" reduzieren? Warum muessen Parolen geschrien werden, bis alle fanatisch rumspringen? Andererseits liegt es vielleicht auch daran, dass ich mein ganzes Leben lang gelernt habe und auch echt glaube, dass alles Extreme und Fanatische schlecht ist...

10. Dezember 2010

Die Grosse Demo

Nach mehr als einer Woche REDEN ueber das Klimachaos und seine Auswirkungen, hatten wir eigentlich alle die Nase voll und wollten endlich aktiv werden. Gut, dass der grosse Protestmarsch (gegen REDD und fuer Klimagerechtigkeit) fuer den 7.12. angesetzt war.
Rein theoretisch sollte sich die Opposition ja geeinigt praesentieren, aber wie man schon an diesen 4 alternativen Klimaversammlungen sehen kann, funktioniert das in Mexiko nicht so ganz.. (und wahrscheinlich nicht nur hier...)  Na, jedenfalls gab es dann auch 2 verschiedene  Demos...

Aber ich will mal erzaehlen, wie ich diesen Tag erlebt habe:
Obwohl ich nicht unbedingt das beste Gefuehl im Bauch hatte (in Kopenhagen war die Demo ja nicht so ganz friedlich abgelaufen und auch die Tipps ueber das Verhalten bei Verhaftungen haben nicht so ganz zu meiner Beruhigung beigetragen), bin ich mit einigen Freunden schon am Abend voreher nach Cancún zu vía campesina gefahren, um am naechsten Morgen hundertpro vorbereitet durchstarten zu koennen. Nachdem der Bus vom Soulfireproject startklar, die Trommeln von casa verde gestimmt und die barra (Schlamm zum Haeuserbauen oder sich anmalen) vom Weltenbummlerteam fertig war, konnte es los gehen. Am Schluss des Protestzugs bildeten wir tanzend, singend und bunte Plakate schwenkend einen lebhaften Kontrast zu den politischen Parolen der anderen Gruppen...
Das gewaltsamste an diesem Tag war wahrscheinlich die Kraft der Sonne... mit voller Wucht mitten ins Gesicht... den ganzen Tag lang... Ansonsten lief alles super ruhig und friedlich ab, wir hatten sogar unseren Spass und haben hoffentlich ein bisschen Aufsehen erregt...

zum Schluss haben noch en paar mehr oder weniger wichtige Leute ein paar Reden gehalten. Die vom bolivianischen Botschafter fand ich ja besonders gut...er plaedierte unter Anderem dafuer, unseren Planeten Erde als lebenden Organismus anzusehen, dem auch ein paar Rechte zustehen...

2. Dezember 2010

Im Dschungelcamp

Hier, im karibischen Dschungel laeuft zwar nicht alles ganz so rund, wie geplant, aber es laeuft! Und ich finde sogar ziehmlich gut. Leute aus der ganzen Welt, mit den unterschiedlichsten Erfahrungen, Philosophien und Lebensstilen, achten nicht auf Sprache, Herkunft oder Hautfarbe. Sie teilen alle einen Traum: den Erfolg von Klimaforum10 in Mexiko. Und sie arbeiten dafuer. Sogar richtig hart. Zelte werden aufgebaut, Essen fuer hundert und mehr Leute gekocht, es wird organisiert, geschrieben, disskutiert. Es sieht zwar aus wie ein Hippiecamp, ist aber keins!
Die Stimmung ist super gechillt, und gleichzeitig wimmeln ein Haufen Leute konzentriert und zielstrebig durch die Gegend. Ich bin jeden Abend wahnsinnig fertig, aber gluecklich: weil wieder ein Tag voller Entdeckungen hinter mir liegt. Ein Tag, an dem ich jede Menge gelernt habe. Ein Tag, der meinen Glauben an ein friedliches Zusammenleben der Menschen in Harmonie mit der Natur bestaerkt hat. Es ist einfach toll, dass es Menschen gibt, die sich nicht nur um sich selbst kuemmern, sondern sich fuer mehr Gerechtigkeit und ein besseres Leben fuer alle einsetzen.

Eigentlich versuchen wir nur die Ueberlebenschancen unserer Art zu sichern, weil wir glauben, dass homo sapiens das system, in dem erlebt, nicht zerstoeren sollte. Was wir wie dafuer tun koennen, wissen wir nicht wirklich, aber es gibt ungefaehr 1000 verschiedene Ideen. Wir sind uns nur sicher, DASS sich etwas aendern muss.

In KLIMAFORUM10 versuchen wir einen Weg zu finden: jeden Tag gibt es mehr als 10 Veranstaltungen, in denen kleine Gruppen und Organisationen erklaeren, wo sie die Missstaende in dieser Welt sehen und welche Veraenderungen sie fuer noetig halten und fuer was sie sich engagieren.
Die World Spiritual University sieht das Problem in der Trennung von Gefuehlen und Wissen. Wir sollten also unsere meditative Beziehung zur Natur verbessern.
Das Indigenous Environmental Network stellte die gravierenden Umweltprobleme (die meistens auch soziale Probleme verursachen), in Indigenengemeinden in den USA vor. In North Dakota leiden zB. ueberdurchschnittlich viele Menschen an Krebserkrankungen, die hauptsaechlich durch die Verschmutzng des Wassers bei der Erdoelfoerderung verursacht werden. In der Wueste von Arizona verbrauchen kuenstliche Staedte wie Las Vegas grosse Mengen Wasser. Uranmienen und Erdoelfirmen verbrauchen den Rest, sodass die “Indianer” der Gegend kein Wasser mehr haben. Das Land, die Luft und das wenige Wasser ist verschmutzt, es treten viele Krankheiten auf und durch Abwanderung in die Staedte geht die Kultur verloren.
INES sprach ueber die Rolle und Verantwortung der Wissenschaft heutzutage. Forscher sollten die Moeglichkeit haben, ihre Arbeit zu reflektieren und zu ueberlegen, ob sie zB. den Kapitalismus unterstuetzen wollen, der wirtschaftliches Wachstum fordert und so unsere Umwelt zerstoert.
Es wird auch viel ueber Menschenrechte geredet: die Rechte der Indigenen, der Frauen und Jugend.
Es werden Filme gezeigt, Zeremonien veranstaltet und Yoga gemacht.
Sogar Ohne-Geld-Weltreisende sind hier und erzaehlen von ihrer Idee.

Ich glaube, gerade die Vielfalt an Vorschlaegen “zur Rettung der Welt” hat grosses Potenzial.
Also, lasst uns alle gemeinsam, aber jeder auf seine Art und Weise kaempfen!!

28. November 2010

KLIMAFORUM10

Auf typisch latinoamerikanische Art und Weise funktioniert dieses perfekte Chaos hier mitten im karibischen Dschungel irgendwie... Ich habe wirklich keine Idee, wie die Latinos das immer machen, aber in letzter Sekunde nimmt unerwarteterweise alles Form an.
KLIMAFORUM09 war in Kopenhagen ein voller Erfolg. Kleine (Umwelt)gruppen haben dort ein Riesenevent organisiert, wo kleine Organisationen und Bewegungen ihre Ideen und Projekte vorstellen konnten. Und aehnlich, nur eben auf mexikanisch, wird es dieses Jahr hier in Cancún sein. Morgen werden die Veranstaltungen beginnen: Filme, runde Tische, Gespraeche, Vortraege etc. etc.

Schon jetzt arbeiten ueber 70 Freiwillige fleissig daran, dass dieser "alternative Klimagipfel" ein voller Erfolg wird. Wir bauen Zelte auf, kochen, organisieren, helfen bei der Logistik, kuemmern uns um Muell, Klos und alles, was so anfaellt. Und zwischendurch disskutieren wir immermal wieder die Themen, die uns so umtreiben: Grenzen des Wachstums, oil peak, Verlust von Spirualitaet und Tradition, Gentechnik, Luegen der Regierung etc. - im Prinzip also, dass das ganze System faul ist...

Gestern bei Sonnenaufgang haben Indigene aus Nord-, Mittel- und Suedamerika die Veranstaltung mit einer Zeremonie eroeffnet. Sie haben Mutter Erde und Vater Sonne bzw. den Grossen Geist um Erlaubnis gebeten, KLimaforum10 hier veranstalten zu duerfen. Ein Satz von einem Maya-Sprecher hat mich irgendwie sehr beeindruckt: "Versuchen wir nicht, die Zeit zu fuehren, denn die Zeit fuehrt uns."

Klar, dass mir da ein paar Fragen offengeblieben sind!
- Wofuer kaempfen wir eigentlich letztendlich, wo doch jeder ein anderes Problem und eine andere Loesungsstrategie hat?
- Werden unsere Anstrengungen am Ende was nutzen?
- Muessen wir uns ueberhaupt so viele Sorgen um die Zukunft machen?

24. November 2010

Auf in die Karibik!!

immerwaehrender Sonnenschein, weicher weisser kuehler Sand, tuerkisblaues Meer mit sanften Wellen, Kokospalmen und Affengekreische im undurchdringlichen Gruen des Dschungels...

So ungefaehr kann man sich Cancun wahrscheinlich vorstellen. Es ist eines der angesagtesten Reiseziele weltweit.

Fuer mich ist es das angesagteste Reiseziel des Jahres, weil... es garantiert traumhaft ist!! Und, weil sich Aktivisten aus aller Welt dort treffen, um ueber unsere Zukunft zu disskutieren...

Morgen frueh gehts mit dem Bus von Klimaforum los!! Ich bin heute schon ausgezogen und der Rucksack ist auch gepackt. Waaahhh, ich bin aufgeregt ;)

Ob ich Frau Merkel die Hand schuetteln kann? Und den N24 Journalisten auf die Finger gucken darf? Werden die Aktivisten die Verhandlungen beeinflussen koennen? Welche neuen Ideen gibt es zur Rettung der Welt?
Fragen ueber Fragen, die ich in 2 Wochen vielleicht beantworten kann. Aber erstmal muessen 30 Stunden Busfahrt ueberstanden werden...

17. November 2010

Planänderung - ein voll verrücktes Wochenende

Dass sich Pläne hier recht schnell verändern können habe ich dieses Wochenende wiedermal erfahren... Eigentlich hatte ich mit Margarita und Pancho (der Kumpel aus Ecuador) geplant, in ein kleines „magisches“ Bergdorf zu fahren, dass wunderschön sein soll. Ich hatte mich schon riesig darauf gefreut, als sich dann herausstellte, dass Pancho am Montag (Tag der Revolution) arbeiten musste und deshalb nicht so weit weg wollte. So haben wir uns dann (5 Stunden vor Abfahrt) für Valle de Bravo und Tepotzotlan entschieden. Zwei kleine „magische“ Dörfer, die im Internet recht nett aussahen…


Auf dem Weg haben wir wieder die Monarchfalter getroffen: auf ca. 500m überquerten hunderte, nein, tausende der schönen Schmetterlinge die Straße. So ein Geflatter habe  ich noch nie gesehen! Normalerweise gondeln Schmetterlinge doch irgendwie so gemütlich und verspielt durch die Luft… Aber hier waren sie echt zielstrebig unterwegs!


Tja, Valle de Bravo ist einer der Orte in Mexiko, wo die sozialen Gegensätze besonders krass aufeinandertreffen. Hier, am Rand eines tiefblauen Sees, inmitten von warmen Nadelwald bauen viele Reiche aus MXC ihr Wochenendhäuschen – oder besser gesagt ihre Wochenendvilla… Gleichzeitig wohnen aber auch die Ärmsten der Armen in der Gegend. Bis dahin hatte ich es nicht erlebt, dass Kinder bettelt die Leute ansprechen…  Es ist auch seltsam zu sehen, wie eine echte mexikanische Taco-Verkäuferin (meist bodenständige selbstbewusste Frauen mittleren Alters) plötzlich die Augen niederschlägt und sich in Nix aufzulösen scheint, wenn die reichen Jungs mit ihren brandneuen Schlitten vorgefahren kommen.


In Tepotzotlan (wir wussten nicht, dass es eigentlich am Rand von MXC lieg) sind wir erstmal einem halbwegs verrückten Herbergsvater begegnet. Nachdem er uns dreimal gefragt hatte, ob wir wirklich die ganze Nacht, die ganze Nacht bleiben wollten, haben wir uns entschlossen, lieber gar nicht zu bleiben… Irgendwie kam uns danach der ganze Ort etwas gespenstisch vor… die Leute, denen wir auf der Straße begegnet sind, sahen alle so komisch aus… Wir (ich und Margarita) wussten dann nicht so recht, was wir machen sollten, und so habe ich einen anderen Kumpel angerufen, der sich spontan entschlossen hat, zu uns zu kommen und uns zu helfen.
Also haben wir uns den bunten Sonntagsmarkt angeschaut. Was es da nicht alles zu sehen gibt! Phantasievoll bestickte Blusen, Süßigkeiten in allen nur vorstellbaren Formen, Farben und Geschmäckern, traditionelles Kunsthandwerk, glitzernder Schmuck, farbenfrohe Kleider, Musiker und Artisten… Nach langem Hin und Her haben wir uns dann zu dritt entschieden, doch eine Nacht in Tepotzotlan (aber in einem anderen Hotel…) zu verbringen.


 Am nächsten Morgen sind wir zeitig aufgestanden und Richtung Hidalgo gefahren. Auf dem Weg ist uns ein Schild mit dem Namen Tula begegnet und uns ist eingefallen, dass da ja die berühmten Atlanten stehen.  Spontan haben wir uns also zum ersten Highlight des Tages entschlossen: die Ruinen einer Tolteken-Pyramide mit den Figuren der Atlanten. Und weil wir  so früh da waren, waren wir sogar (fast) die Einzigen! Das zweite Highlight folgte dann beim Frühstück: leckere Provinz-tacos am Straßenrand. Ich muss sagen, ich habe selten so gute tacos gegessen! – Groß wie tortillas mit im eigenen Fett weich gebratenem Schweinefleisch… Der zweijährige Sohn der Restaurantbesitzer (stellt euch ein typisches lateinamerikanisches Restaurant als Nichts anderes als drei Plastiktische, ein paar Gartenstühle und die offene Küche vor) war ganz fasziniert von meiner weißen Erscheinung und hat sich zu uns gesellt, um mich auszufragen …
Ich finde die karge trockene von Feldern geprägte Landschaft Hidalgos echt faszinierend. So war schon die Fahrt ein Genuss und als wir dann in den Nationalpark „El Chico“ kamen und sich die Landschaft radikal veränderte, kamen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus: eben noch rote Steppenlandschaft mit Agaven und Kakteen, jetzt uralte Nadelbäume, Moos und Bartflechten. Und dazwischen ragen wilde Felsformationen beinah wie in der sächsischen Schweiz auf. Jemand hat mir mal erzählt, in „El Chico“ könne man problemlos Fotos schießen und gut und gern behaupten, sie wären in Kalifornien gemacht worden… Ich war noch nie in Kalifornien, aber wenn es dort so ist, wie in diesem Stück Mexiko, dann ist es wunderschön!

 Ich persönlich habe mich eher an die Hohe Tatra, die sächsische Schweiz oder Kirks Erzählungen über Washington state erinnert gefühlt. Und sogar ein bisschen an den Thüringer Wald.
Als wir eine der Felsformationen bestiegen haben – wow, ich wäre fast losgeflogen, so toll war das!

Auf der Zielgeraden


Ich habe das Gefühl, dass ich mit Riesenschritten dem Klimagipfel entgegen schreite… 

Heute habe ich endlich meinen Chef gefragt, ob ich zwei Wochen freimachen darf, um zur COP16 zufahren. Und, siehe da: kein Problem! Er meint, dort kann ich schließlich auch was lernen und vielleicht sogar was für meine Arbeit mitnehmen. 

Boah-woah-yeahh... ich werde ganz offiziell als Teil meines Praxissemesters zum Klimagipfel 2010 fahren!!! 

Seit ich angekommen bin, war ich in der Angelegenheit nicht faul… ich war bei unzähligen Versammlungen, Vorträgen und Aktionen, habe Artikel gelesen, Mails geschrieben und nachgedacht. Und letztendlich ist dabei folgender Plan herausgekommen:
Am 25.11. werde ich ausziehen, am 26. nach Acapulco fahren, um am 28. mit der internationalen Karawane Richtung Mexico- City aufzubrechen. Auf der Fahrt werden wir Station an verschiedenen Punkten mit  Umweltproblemen machen. Am 30. gibt es dann einen großen Protestmarsch in Mexiko-Stadt und am 1. Dezember brechen dann alle  Karawanen zusammen Richtung Cancún auf. Unterwegs wird es wieder Stopps geben, sodass wir am 3.12. dann endlich an unserem Ziel ankommen werden. Vom  4. bis 11.12. werde ich schließlich bei Klimaforum10 als Freiwillige 6 Stunden täglich arbeiten und in meiner Freizeit nicht nur die verschiedenen Aktionen, die Leute und Veranstaltungen auschecken, sondern auch im Namen von „Geo juvenil México“ Interviews mit Diplomaten, Wissenschaftlern und NGO’s durchführen. 

Offiziell dauert die COP bis 14.12., ich weiß aber noch nicht, ob ich bis zum Ende bleibe, oder schon ein paar Tage früher zu meiner Reise durch Südmexiko aufbreche. Ich bin supergespannt, was ich alles erleben werde, was und wen ich kennenlernen werde und wie sich mein Plan schließlich verändern wird!

11. November 2010

zwei Städchen und eine Hochzeit

Ziehmlich überraschend hatte ich dieses Wochenende die Möglichkeit, an einer Hochzeit teilzunehmen.
Die Gelegenheit konnte ich mir nicht entgehen lassen!

Aber naja, wie das bei Frauen so ist, war mein größtes Problem natürlich erstmal: was zieh ich an?!
Wirklich viel hab ich eigentlich nicht zur Auswahl: Wanderschuhe, Sneakers oder Flipflops? Helle Jeans, dunkle Jeans oder Jogginghose?
Große Probleme also, die es da zu lösen gab... Eine Freundin hat mir schließlich schuhe, schal und Kleid ausgeliehen. Letztendlichhat sich aber herausgestellt, dass die Hochzeit gar nicht sooo formal ist und ich habe mich für Rock und T-shirt entschieden. Die Gäste waren superunterschiedlich gekleidet. Einige (aus der Stadt) sehr formal, andere (vom Dorf) so, als ob sie einfach ausgehen würden. So entstand eine schöne bunte Mischung...

Die Messe fand in einer hübschen Dorfkirche irgendwo im wilden Norden des Landes statt. Sie war sehr schön und ich glaube, auch recht traditionell mit Blumenkranz und Musikkapelle vor der Kirche. Die darauffolgende Feier auf dem Land ist nicht ganz so gestartet, wie sich das Alle vorgestellt hatten: während wir auf Stühle, Tische, Teller etc. warteten (die Person, die das organisieren sollte, war einfach nicht gekommen...) konnte ich die ersten Monarchfalter beobachten. Monarchfalter sind Schmetterlinge, die jedes Jahr von Kanada nach Mexiko reisen, um hier zu überwintern.
Einer ist sogar im Brautstrauß aufgetaucht!

Trotz der Probleme (die Braut tat mir echt leid) wurde die Feier dann richtig gut! Das Essen war lecker, Musik toll und das Feuerwerk fantastisch.

Die Möglichkeit ausnutzend, dass wir in einem anderen Teil des Landes waren, haben wir uns San Miguel de Allende und Guanajuato angeschaut.
San Miguel hat mir besonders gut gefallen, weil es ein schönes kleines ruhiges Städtchen ist. Irritierenderweise wieder so, wie ich mir das ländliche Mexiko vorgestellt habe...
In Guanajuato haben wir sozusagen nur vorbeigeschaut. Es blieb nicht wirklich viel Zeit, um beide Städte anzuschauen, weshalb wir hier nur übernachtet habe und einen kleinen Spaziergang durch die Altstadt gemacht haben. Die Stadt hat nicht nur eine schöne Kolonialarchitektur und einige echt beeindruckende Gebäude, sondern auch tausend Treppen, Stiegen und verschachtelte Wege mit ruhigen Plätzen und Gärten. Das Beste ist aber, dass der größte Teil des Verkehrs unter der Stadt entlanggeleitet wird. Und ich meine wirklich untendrunter. Guanajuato ist eine alte Bergwerksstadt, die Mienen wurden zu Tunneln ausgebaut, sodass die Stadt vor dem Verkehrschaos gerettet werden konnte.
 (Guanajuato ist übrigens Weltkulturerbe...)

10. November 2010

nuestros muertos son famosos

nuestros muertos son famosos (unsere Toten sind berühmt): so wird auf Bussen und in der Metro für den 2. November, día de los muertos (Allerseelen) geworben. 
Und, wer hat nicht schonmal davon gehört, dass in Mexiko mit den Toten gefeiert wird? Als ich herkam wusste ich zwar, dass der Tag der Toten hier irgendwie was Besonderes ist, aber ich hatte keine Ahnung, wie besonders!
Schon Wochen vorher werden Totenköpfe verkauft, das Totenbrot wird gebacken und insgesamt ist der Tod in Form von Skeletten, Schädeln etc. sehr präsent im Alltag.

Aber ich glaube, Fotos sagen da mehr als tausend Worte...
































Noch ein paar Worte zu dieser Tradition:
Wie überall werden vorchristlicher und katholischer Glauben vermischt. Der Großteil der mexikanischen Bevölkerung ist streng katholisch, pflegt aber "trotzdem" einige prähispanische Traditionen. Ich finde, da spricht auch nichts dagegen... 
So gilt der Tod in Mexiko nicht als "Ende", sondern schlicht als Schritt in eine andere Welt; wer gestorben ist, ist nicht "weg", er ist einfach physisch nicht mer da. Aber er kommt einmal im Jahr seine Familie und Freunde besuchen. Dann wird für ihn ein Altar aufgebaut, wo er die Sachen findet, die er besonders gern mochte, zB. eine Flasche Tequila und Süßigkeiten. 
In der ganzen Stadt sind sogenannte ofrendas zu finden. Diese Totenaltäre sind teilweise bestimmten Personen, teilweise ganzen Personengruppen gewidmet. In jedem Institut der Uni war zB. ein Altar für die Verstorbenen Angestellten mit Foto und allem aufgebaut, vor der Bibliothek dagegen in Gedenken an die mex. Revolution und die Unabhängigkeit. Oft findet sich als Thema auch das Massaker an den Studenten von 1972. Blumenwege (Tangetis ist hier die Totenblume, bei uns wird sie auch Studentenblume genannt) zeigen den Toten den Weg zum Altar oder auch zu kleinen Veranstaltungen zu ihren Ehren. Die ofrendas, die events, das Schmücken der Gräber  usw.; das alles ist eine  Kunst für sich! Ich habe so fantastische Sachen gesehen, da ist mir mal wieder bewusst geworden, dass Mexiko das Land der Phantasie ist!
Der día de los muertos ist hier wirklich ein superwichtiges Ereignis. Da werden die Toten lebendig!  
Stell dir vor, du gehst in den Laden an der Ecke und kaufst das Bier, das dein Onkel so gern mochte. Du erzählst dem Verkäufer davon und ihr redet darüber, dass dein Onkel das gleiche Bier mochte wie der Vater des Verkäufers. Irgendwie ist dein Onkel doch dann zumindest in deinen Gedanken da, oder nicht?

2. November 2010

raus aus der Stadt, rein ins Land

um meinen Worten auch Taten folgen zu lassen, bin ich schließlich mit Jorge (er arbeitet beim gleichen Prof) am Sonntag raus aus Mexiko-City, rein in's "echte Mexiko" gefahren. "Echtes Mexiko" soll heißen, dass ich einen Flecken Erde kennengelernt habe, der meinen Vorstellungen (dank "Speedy Gonzales" und diverser Comics) von Mexiko entspricht: wilde Steppenlandschaft vor unendlichfernen Hügelketten. Darauf grasen ein paar Pferde, der ein oder andere Cowboy läuft herum und einige beinah kahle Bäume heben sich dunkel gegen den Horizont ab...



Ein kleines Detail zu Beginn: der 2. November ist wegen des  Día de los muertos ein Feiertag.Viele Leute haben also die freien Tage genutzt, um die Monsterstadt zu verlassen... und so gab es am Busterminal auch erstmal endlos lange Schlangen. Aber; wir haben uns erfolgreich durchgekämpft und konnten langsam aber sicher Richtung Norden fahren. Ohne größere Schwierigkeiten sind wir schließlich auch bis Huasca, unserem Ziel, gelangt. Um so richtig zu entspannen haben wir uns gegen das günstigere Hotel an der Hauptstraße und für die idyllischen Hütten mitten im Wald entschieden - da fing das Problem aber auch an... Mitten in den Wald fährt nämlich kein Bus... Der Taxifahrer hat mich gesehen und gleich den doppelten Fahrpreis verlangt... Damit waren wir nicht wirklich einverstanden und... so sind wir losgelaufen. Nach dem dritten Hügel in glühender Mittagssonne hab ich mich dann doch langsam gefragt, ob wir noch richtig sind... aber, es gab gar keinen anderen Weg!, also weiter, weiter geradeaus. Allerdings verlief die Straße nicht nur durch Steppenlandschaft, je weiter wir liefen, desto häufiger wurden die Bäume und desto größer die Waldstücke. Wir kamen sogar durch richtigen Märchenwald, wo die Bäume Bärte haben und gelegentlich Kobolde hinter Steinen hervorschauen... Irgendwann, kamen wir dann an einen einsamen Laden, wo wir superlieb empfangen wurden und wo ich mal wieder nu gestaunt habe, wie freundlich und offen die Mexis sind!! Sie haben für uns sogar im Hotel angerufen, ob wirklich noch ein Zimmer frei ist, damit wir den letzten der 7km nicht umsonst laufen!
Und dann, waren wir angekommen! Flussrauschen, ein klarer Sternenhimmel, Bäume, Kälte und ein Feuerchen im Kamin... was gibt es Schöneres??





Der nächste Tag begann dann ganz gemütlich mit einer Mitfahrgelegenheit vom Laden  und einem späten Frühstück in Huasca.Die Probleme begannen, als wir merkten, dass wir unbedingt Geld brauchten. Der einzige Automat im Ort funktionierte nicht... shit: eigentlich wollten wir uns doch ein paar Sachen an dem Tag anschauen, aber der nächste Ort mit eventuell funktionierendem Automaten war eine halbe Autostunde weg... Nach einer eingehenden Analyse der Situation, der verstreichenden Zeit und dem schwindenden Bargeld in unseren Taschen entschieden wir uns schließlich, trotz aller Unlogik Eintritt in eine Ferienanlage zu bezahlen, wo man Geld abheben konnte. Wieder flüssig machten wir uns schließlich auf den Weg zu den "Prismas Basalticas", einer geologischen Formation. Auch wieder per Mitfahrgelegenheit gelangten wir recht schnell dorthin und auf dem Weg konnte ich die Haloween-interpretation der Kinder erleben: Seil quer über die straße spannen und jedem Auto, das zwangsläufig anhält, den ausgehölten Kürbis ans Fenster halten...

Die Prismas selbst fand ich fast enttäuschend, ich hatte sie mir viel größer vorgestellt. Aber dort entwickelte sich schließlich das doch sehr interessante Ende des Tagges...  Wir lernten zufällig ein Paar kennen, das uns eine Mitfahrgelegenheit anbot und mit dem wir zum "Pena del aire" aufbrachen. Auf dem Weg wiederum lernten wir drei Einheimische kennen, die schon recht angetrunken waren und uns zum Canon begleiteten. Dieser Canon war wirklich ein Erlebnis! Nicht nur wegen der Gesellschaft, vor Allem wegen der Landschaft! 800m tief und ungefähr genauso breit...




Naja, irgendwie waren dann alle der Meinung, dass wir beim Ferienhaus des neuen Kumpels zusammen essen würden und noch ein bisschen feiern und dann... wer weis...
Also: einkaufen, zum Ferienhaus fahren, kochen und ... Gas alle... Verdammt, natürlich ist das Gas für den Kocher genau dann alle, wenn man es am meisten braucht... Und genau in diesem Augenblick fragte ich mich auch, was zum Teufel ich da eigentlich machte: irgendwo im Nirgendwo des mexikanischen Wilden Westen, mit sechs Mexikanern, von denen ich fünf seit ca. 3stunden kannte und von denen drei ziehmlich angetrunken waren... Aber darauf vertrauend, das Jorge die Sache schon im Griff hat und dass mich meine Menschenkenntnis nicht enttäuscht, habe ich mir nicht allzugroße Sorgen gemacht... Brauchte ich auch nicht, weil sich die Versammlung aus unerfindlichen Gründen auflöste, als klar wurde, dass wir nicht weiterkochen konnten. Also waren wir noch vier... und endeten schließlich in einer Karaokebar...

Ja und dann, ist eigentlich nix mehr passiert: wir haben uns nach einem köstlichen Frühstück (Forelle) auf  den Weg nach DF gemacht und ich muss sagen, ich habe das Gefühl, endlich das richtige Mexiko gefunden zu haben. Ich habe Kraft für die nächsten Tage in der Monsterstadt getankt und freue mich schon jetzt auf die nächsten Erlebnisse!