22. Oktober 2010

4 Wochen Mexiko - wow, wie die Zeit vergeht!

Ich würde nicht behaupten, dass ich mich in die Stadt verliebt habe, aber ich komme zumindest mit ihr zurecht. Die Beziehung Claudia-MexikoCity hat sich von „Angriff auf voller Breite“ zu „Waffenstillstand“ entwickelt… Das heißt, ich habe einen Tunnelblick zur Rush-hour, nutze wenig die metro und bin nicht gar so viel im Zentrum unterwegs.

Obwohl ich das Zentrum vermeide und nicht auf Sightseeing-Tour gehe, bin ich im Großen und Ganzen eigentlich recht viel unterwegs… Das heißt, ich verbringe wenig Zeit in meiner WG und viel… überall sonst. Das liegt a) an meiner Arbeit, b) am Klimagipfel und c) an den Latinos…

In wenigen Worten: es ist stressig, macht aber Spass!


>Praktikum im Instituto de Geofísica, UNAM<
Der Plan für mein Projekt war ja, dass ich den Einfluss des Rückgangs der Gletscher erforsche. Aber, Pläne ändern sich auch schnell mal, und so bin ich jetzt vor Allem damit beschäftigt, herauszufinden, wer im Gebiet des Iztaccihautl und des Popocatepetl (die Vulkane, auf denen Gletscher sind/waren) arbeitet. Dazu besuche ich die Wissenschaftler, die eigentlich in der ganzen großen Stadt und auch außerhalb verstreut sind, und versuche herauszufinden, ob sie noch andere kennen, die da arbeiten und welche ihrer Studien für uns (Gletscherforscher) relevant sind. Die Daten gebe ich dann in eine Datenbank ein, die irgendwann mal im Internet zu sehen sein soll.

Um mal hier kurz die Bedeutung meiner Arbeit zu erläutern: die Gletscher Mexikos sind zwar klein, aber äußerst interessant, weil man an ihnen praktisch den Einfluss des Klimawandels im Zeitraffer und in Miniaturausgabe nachvollziehen kann: es wird lokal (Megastädte) und global (Treibhauseffekt) wärmer. Dadurch schmilzt der Gletscher, und es kommt zu Veränderungen im Wasserhaushalt und im Lokalklima. Dadurch wiederum werden Tiere und Pflanzen, aber auch Landwirtschaft und Bodenbildung, Tourismus und Wasserwirtschaft beeinflusst. Es kommt wahrscheinlich  zu Migration von Dörflern in die Stadt und von Flora und Fauna den Berg hinauf, dem Gletscher hinterher. So werden nicht nur die dörflichen Kulturen, sondern auch die (teilweise endemischen) Hochgebirgsökosysteme verändert und verdrängt.
Wenn wir also am Schluss eine einigermaßen vollständige Datenbank mit Studien aller relevanten Wissenschaftsdisziplinen haben, können wir fachübergreifend den Einfluss des Klimawandels in Zentralmexiko beschreiben, Zukunftsszenarien erarbeiten und versuchen den schlimmsten Entwicklungen entgegenzuwirken. (Logisch, dass ich nur den Anfang mache…)

Was ich also an meinem Praktikum mag ist, dass ich Einblick in die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen bekomme, dass ich die Welt der Wissenschaft (und ihre Probleme) kennenlerne, dass ich viel unterwegs bin, dass ich nette Kollegen habe, dass es sinnvoll ist und dass ich mir die Zeit selbst einteilen kann.


>mein Ziel: COP16<
Für alle, die es noch nicht wissen: vom 29.November bis 14. Dezember findet in Cancún, Mexiko der diesjährige Klimagipfel statt. (auch COP16 (16. Conference of the Parties nach dem Inkrafttreten des Weltklimaabkommens der UN) Schnell war’s damals ausgesprochen, langsam hat sich die Idee in meinem Kopf festgesetzt: Ich geh hin! Ich werde am Klimagipfel teilnehmen. Mein großes Ziel ist es natürlich, mir die offizielle COP anzuschauen, aber das scheint eigentlich unmöglich zu sein. Die Idee ist ja  auch völlig verrückt: kleines deutsches Mädchen will Obama die Hand schütteln… Aber, wie ich so bin; die Hoffnung stirbt zuletzt! Ich werde bis zum 14.12. alles mir mögliche probieren, um doch wenigstens einen Blick auf die Verhandlungen werfen zu können!!

Wenn man sowas also erreichen will, darf man nicht untätig sein. Das heißt, ich bin aktiv und treffe mich mit den verschiedensten Leuten, um über das Thema zu reden und mehr Infos zu bekommen etc. Dabei hat sich Luc, mein lieber zerstreuter kanadischer Astrophysiker, zu einem echten Mitkämpfer entwickelt. Er hilft mir, Leute kennenzulernen, wir gehen gemeinsam zu Treffen und vor allem kann ich mit ihm über das Thema diskutieren. Er interessiert sich immer mehr für das Thema Umweltschutz und Klimawandel und zückt alle Register, um mehr zu erfahren und selbst aktiv zu werden. Irgendwie sind wir ein echt tolles team ;)
Bis jetzt habe ich vor Allem Klimaforum10 kennengelernt, eine Gruppe Mexikaner, die von den Dänen unterstützt wird, um Raum für verschiedene NGO’s zu schaffen und die logistische Arbeit übernimmt. Mitten im Dschungel auf einem Polofeld wird sich also eine Art Klimagipfel-festival abspielten. Ein alternativer Gipfel mit vielen verschiedenen Gruppen, die ihre Ideen, Ideologien, Projekte, workshops etc. vorstellen.

Ausserdem wird es einen anderen Raum für „via campesina“ geben. Via campesina ist eine internationale Bewegung von Kleinbauern und Landarbeitern. Unter ihrem Dach sind lokale Interessenvertretungen zusammengeschlossen. Sie und andere werden wiederum in Cancún direkt Kampagnen starten, Workshops organiieren, demonstrieren etc. ANAA (Dachverband lokaler Bürgerinitiativen mit Bezug zu Umweltproblemen) organisiert zB. eine Karavane von den internationalen Flughäfen nach Mexiko-Stadt zu einer Demo und dann von dort nach Cancún. Unterwegs wird es Stopps an Stellen mit besonders krassen Umweltproblemen geben. Für mich hört sich dieses Programm superinteressant an. Da bvin ich auf jeden Fall dabei!


>Land&Leute<
 





Hmmm, und dann sind diese verdammt netten Latinos noch daran Schuld, dass ich hier einfach nicht zur Ruhe komme… Ich werde ständig irgendwohin eingeladen, ständig ist jemand bereit mir etwas zu zeigen und ständig werde ich darüber informiert, was ich mir unbedingt anschauen muss… Es ist also genau so, wie ich es liebe J Ich lerne das Land und seine Bewohner kennen und bekomme die „echte“ mexikanische Kultur zu sehen... Wobei die mexikanische Kultur so vielfältig ist, dass man sie eigentlich gar nicht kennenlernen kann. Aber ich bekomme zumindest einen Eindruck vom Durchschnittsmexikaner aus D.F. (Destrcto Federal; Hauptstadtbezirk).

Ich habe bisher die Ruinen der Aztekentempel in Tepoztlan und hinter der Kathedrale kennengelernt, verschiedene Teile der Stadt gesehen und bin etwas gereist: nach Tulancingo und Pachuga (Fußballspiel, Familientreffen) und nach Amecameca (Arbeit). Ich kann inzwischen also sagen, dass Mexiko echt schön ist- vor Allem außerhalb der Stadt.

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